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Nächste Messe: POSITIONS Berlin Art Fair, 11. - 14. September 2025, Berlin-Tempelhof

Artist of the Month

MAXIMILIEN LUCE

MAXIMILIEN LUCE BEIM MALEN

Aristide Delannoy (1874 Béthume – 1911 Paris)
Bleistift auf Papier, 28,5 x 23 cm
Signiert li. u.: A. Delannoy, re. u.: Sammlerstempel Edouard Bouin

Im Profil, leicht vorgebeugt, den Blick aufmerksam auf das Motiv gerichtet und den Pinsel locker in der Hand, so begegnet uns Maximilien Luce auf Aristide Delannoys Porträt für die Titelseite des politischen Satiremagazins Les Hommes du Jour von 1909. Er ist beim Malen en Pleinair dargestellt – darauf deutet jedenfalls der Hut hin – und man kann sich gut vorstellen, wie er mit feinen, kurzen impressionistischen Pinselstrichen die Leinwand füllt. Als das Porträt entstand, war er 35 Jahre alt und bereits ein sehr erfolgreicher und gefragter Maler. Nicht selbstverständlich für den Arbeitersohn, der sich den Besuch einer Kunstakademie nicht leisten konnte, sondern eine große Leistung, für die er neben seinem Talent viel Standvermögen und Hartnäckigkeit brauchte. Anstatt den Zeichensaal zu besuchen, machte er eine Lehre zum Graveur und entwickelte sich zu einem sicheren und versierten Zeichner, indem er die Werke anderer Künstler reproduzierte.

Mann in Holzschuhen am Tisch

(Oncle Chanut)

Maximilien Luce (1858 Paris – 1941 Paris)
1876-78
Bleistift und schwarze Tinte auf Papier,
19,5 x 18,3 cm, Nachlassstempel Luce rechts unten

Künstler im Atelier

(wohl Henri-Edmond Cross)

Maximilien Luce (1858 Paris – 1941 Paris)
Gezeichnet 1898
Bleistift und schwarze Tinte auf Papier, 18 x 12,8 cm, Nachlassstempel Luce rechts unten

Die Ölmalerei brachte er sich mehr oder weniger eigenständig in den Ateliers befreundeter Künstler und in Kursen an der Académie Suisse bei. Anfang der 1880er Jahre wagte er den Schritt ins freie Künstlerdasein und erwischte einen guten Moment für den Neustart. Georges Seurat erfand mit dem Pointillismus gerade einen aufregenden, neo-impressionistischen Stil, der für Aufsehen sorgte und ihn begeisterte, und mit dem 1884 gegründeten Salon des Indépedants standen auch ihm, dem Außenseiter, Ausstellungsmöglichkeiten ohne strenges Reglement offen. Luce schloss sich Seurats Kreis an. Seine zwischen 1885 und 1900 gemalten pointillistischen Werke mit deutlich aufgehellter Palette brachten ihm zu Lebzeiten nationale und internationale Anerkennung. Bis heute erzielen sie auf dem Kunstmarkt sechs- bis siebenstellige Preise. Der momentane Auktionsrekord liegt bei 3.5 Mio € (2022, Sotheby’s, New York).

Strassenszene in der Abenddämmerung

Maximilien Luce (1858 Paris – 1941 Paris)
1890er Jahre
Öl auf Leinwand, auf Leinwandkarton aufgezogen, 16 x 25,5 cm
Signiert rechts oben: Luce

Provenienz: Sammlung Jean Bouin Luce

Literatur: Jean Bouin-Luce et Denise Bazetoux, Maximilien Luce, catalogue de l’œuvre peint, Bd. II, Édition JBL, Paris, 1986, Nr. 194, Ill. S. 55

Trotz des Erfolgs vergaß Luce seine Herkunft nie, war überzeugter Anarchist und politisch aktiv, was ihm 1894 sogar eine kurze Inhaftierung einbrachte. In seinem Oeuvre gibt es überdurchschnittlich viele Arbeiter- und Antikriegsbilder. Obwohl Bahnhöfe und Eisenbahnbrücken als Ausdruck des modernen Lebens auch bei den großen Impressionisten zu finden sind, malte keiner den Alltag von Hafen- und Fabrikarbeitern, Straßenbauern oder Fuhrleuten so kenntnisreich wie Luce. Seine „Straßenszene in der Dämmerung“ zeigt ein typisches impressionistisches Sujet, aber anstelle eleganter Flaneure und Gebäude nimmt ein dunkler Block aus Fuhrleuten, Pferden und Karren im Gegenlicht das Bildzentrum ein, allerdings hinterfangen von den strahlendbunten, wunderschönen Farben des Abendlichts.

Seine bei Rolleboise

Maximilien Luce (1858 Paris – 1941 Paris)
Öl auf Karton, 23,5 x 41 cm, signiert und gewidmet li. u.: A l’ami Finch, Luce

Ausstellung: Riksförsbundet för bildande konst, Nr. 32

Die „Seine bei Rolleboise“ ist in vergleichbar grandiosen, fließenden, kräftigen Farben gemalt. Auf den ersten Blick handelt es sich um eine friedliche Abend- und Herbststimmung, wäre da nicht der qualmende Dampfer, mit dem wieder die Arbeitswelt ins Bildzentrum tuckert. Neben der Landschaft der Ile de France war eines von Luce Lieblingsthemen nun einmal die Schönheit des Alltags, auch des Arbeitsalltags, und Dampfer faszinierten ihn. Heute finden wir solche Schiffe nostalgisch und bewundern sie auf Dampferparaden in Dresden oder Hamburg. Damals handelte es sich um moderne Technik. Diese gepaart mit der Landschaft nahe dem Dorf Rolleboise, in dem er mit seiner Frau Ambrosine Bouin (beide heirateten erst 1940) die letzten Lebensjahre verbrachte und auch begraben liegt, macht den Reiz des Bildes aus.

Tipp

Wir empfehlen Ihnen die großartige Ausstellung „Maximilien Luce, l’instinct du paysage“, die bis zum 14. September 2025 im Musée de Montmartre in Paris gezeigt wird. Die Ausstellung, seit 1983 die erste große Luce-Retrospektive in Paris, bietet einen Überblick über sein fantastisches, umfangreiches Werk zwischen Paris und Rolleboise, Saint-Tropez und London. Das Museum, eines meiner Pariser Lieblingsmuseen, gleich um die Ecke von Sacré Coeur, vermittelt zusätzlich einen stimmungsvollen Einblick in die Lebensverhältnisse der Künstler auf dem Montmartre um 1900.

Dampfer im Hafen von Dieppe

Maximilien Luce (1858 Paris – 1941 Paris)
1922
Bleistift und schwarze Tinte auf Papier, 12,5 x 18.2 cm, Nachlassstempel Luce rechts unten, bezeichnet links unten: eau verte, ciel … clair

Das Dorf Rolleboise

Maximilien Luce (1858 Paris – 1941 Paris)
Schwarze Tinte und Bleistift auf Papier, 24 x 30 cm, Signiert rechts unten: Luce

Flussufer

(bei Rolleboise)

Maximilien Luce (1858 Paris – 1941 Paris)
Schwarze Kreide auf graugrünem Papier, 20,5 x 25,5cm Signiert mit Bleistift links unten: Luce

Um 1900 kehrte Luce, nachdem die Galerie Durand-Ruel ihm im Herbst 1899 eine bei Publikum und Kritik gleichermaßen erfolgreiche Einzelausstellung ausgerichtet hatte, dem Pointillismus den Rücken und malte wieder impressionistisch. Vom ersten und bedeutendsten Galeristen der Impressionisten vertreten zu werden, war eine Auszeichnung und äußerst Karriere fördernd. Luce verzichtete auf die Punkte. Sein Strich wurde gestreckter, weicher und virtuoser, bei gleichbleibender Leuchtkraft und Harmonie der Farben.

LIEGENDER MANN (STUDIE ZU „TOTER SOLDAT“)

Maximilien Luce (1858 Paris – 1941 Paris)
Bleistift auf Papier, 16,6 x 25,6 cm
Nachlassstempel Luce rechts unten

„Liegender Mann“ ist eine vorbereitende Studie für die Ölgemälde, die Luce zwischen 1901 und 1905 zur Erinnerung an den 1871 blutig niedergeschlagenen Aufstand der Pariser Kommune malte. Der gefallene Mann hält die Faust noch geballt. Mit seinen politischen Bildern hatte es der Künstler im Umfeld der Impressionisten und ihrer Sammler schwer. Er malte sie trotzdem, aus politischer Überzeugung. Damit schließt sich der Kreis zum Anfang des Textes und zu Aristide Delannoy, der sein Freund und politischer Gesinnungsgenosse war. Delannoy starb 1911 mit 37 Jahren an Tuberkulose, nachdem er wegen einer politischen Karikatur für Les Hommes du Jour zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt worden war. Gegen solche Ungerechtigkeiten kämpfte Luce zeitlebens an. Denn wie leicht hätte es ihm bei seiner Inhaftierung 1894 ähnlich ergehen können. Er hatte Glück. 1909, als Delannoy ihn proträtierte, wurde er zum Vizepräsidenten der Société des Artistes Indépendants gewählt und genoss in der Folge ein zwar arbeitsreiches, aber erfülltes und erfolgreiches Malerleben. Er wurde 83.